Nur 38 Jahre alt wurde die englische Schriftstellerin, Übersetzerin, Philosophin und Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft (1759 bis 1797). Sicher fühlte sie sich in ihrem Jahrhundert nie. Schläge eines jähzornigen Vaters haben sie nicht gedemütigt, sondern empört. Unentwegtes Umherziehen der achtköpfigen Familie, existenziell, hat sie nicht verwirrt, sondern immer neugieriger gemacht: auf alles Leben.
Mit Neunzehn wurde sie Gesellschafterin einer alten Dame, mit Siebenundzwanzig Gouvernante. Dazwischen gründete sie eine eigene Schule und veröffentlichte 1785 „Gedanken über die Erziehung einer Tochter“. Mit ihrem ersten Roman „Mary“ war sie erfolgreich genug, um sich eine kleine Wohnung in London leisten zu können. Nach einer unglücklichen Liebe zu dem Schweizer Maler und Schriftsteller Johann Heinrich Füssli reiste sie 1792 nach Paris.
Sie tauchte ins revolutionäre Getümmel ein und wieder auf: als Geistesfreundin des Weltumseglers Georg Foster, des Weltbürgers Gustav Graf von Schlabrendorf, des Wissenschaftlers Wilhelm von Humboldt. Mit der Schrift „A Vindication of the Rights of Woman“ („Verteidigung der Rechte der Frau“) plädierte sie für gleiches Recht der Frauen auf Bildung und kritisierte die bei den Aufklärern verbreitete Meinung, der Platz der Frau sei im Haus, am Herd und allenfalls in Garten.
1795 wieder in London, überlebte sie einen Suizid-Versuch nach einer weiteren gescheiterten Beziehung und traf endlich William Godwin. Mit der Liebe zu dem heute vergessenen Begründer des Sozialismus und politischen Anarchismus bekam für sie alles bis dahin Gewonnene und Verlorene auf einmal Sinn. Seinen glänzenden Verstand adelte sie mit ihrem Gefühl.
Sie teilte seine Meinung über die Ehe, mit der Mann sich Frau so gern als finales Eigentum sichert. Sie heirateten für einen Bedeutungswandel der „tyrannischen Institution“. Da war Mary Wollstonecraft-Godwin schon im dritten Monat schwanger. Nach der Geburt des Töchterchens Mary (aus der die „Frankenstein“-Erfinderin Mary Shelley wurde) starb sie noch im Wochenbett.
Ihr literarisches Vermächtnis nannte ihr Mann „ein Werk, mit dem sie ihren Geschlechtsgenossinnen einen wichtigeren Dienst erwiesen hat als alle anderen Schriftsteller und Schriftstellerinnnen, die je im Namen der unterdrückten und benachteiligten Schönheit zur Feder griffen“.