„Die Krise hat solche Dimensionen angenommen, dass sie weder von einem Land allein noch von einer lockeren Gruppierung von Ländern wie dem sogenannten ‚Westen‘ angepackt werden kann – allein schon deshalb nicht, weil der Verlauf der kohlenstoffbasierten Wirtschaft nicht mehr im Westen entschieden wird. Zwar ist ohne Zweifel hauptsächlich er für die globale Erwärmung verantwortlich, aber das bedeutet nicht, dass er in diesem kritischen Augenblick die planetare Krise ohne die aktive, bereitwillige Beteiligung der großen Mehrheit der Weltbevölkerung angehen, geschweigedenn bewältigen kann. Ein notwendiger erster Schritt zur Lösungsfindung ist es, eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Narrativ zu finden – ein Narrativ der Demut, in dem die Menschen nicht nur ihre wechselseitige Abhängigkeit voneinander anerkennen, sondern auch die von ‚all unseren Verwandten‘.“
der indische Schriftsteller Amitav Ghosh 2020 in „Der Fluch der Muskatnuss“
(„All unseren Verwandten“ bezieht sich auf ein Zitat von Vine Deloria jr. (1933-2005), amerikanischer Autor, Theologe, Historiker und Aktivist für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner. In seinem Buch „Gott ist rot: Eine eingeborene Sicht der Religion“ (1973) heißt es: „Wenn Native Americans Zeremonien abhalten, rufen sie oft ‚alle meine Verwandten’ an. Damit laden sie alle anderen Lebensformen zur Teilnahme ein und sagen ihnen, dass die feierliche Handlung um ihretwillen vollzogen wird.“)