In der Dresdener Frauenkirche haben etwa 150 000 Menschen die Erde bewundert. Als eine Kugel mit sieben Metern Durchmesser schwebte sie dreieinhalb Wochen lang in drei Metern Höhe über dem Fußboden im Kirchenraum und drehte sich dabei in vier Minuten einmal um ihre Polachse, 360 mal schneller als in Wirklichkeit.
„Gaia“ – beim antiken griechischen Dichter Hesiod eine der ersten Gottheiten, die aus dem Chaos entsteht – hat der britische Künstler Luke Jerram (1974) seine Installation genannt. 2018 war sie das erste Mal zu sehen: auf dem „Bluedot-Festival“ im englischen Cheshire. Das ist eine Musik-, Wissenschafts- und Kulturveranstaltung, die seit 2016 jährlich stattfindet und Musik, wissenschaftliche Live-Experimente, Expertengespräche und Kunstwerke kombiniert.
Seitdem tourt „Gaia“ durch die Welt. Wird sie im Freien gezeigt, erscheint sie aus einer Entfernung von 211 Metern so groß, wie wir die Erde vom Mond aus sehen würden. Die Oberfläche hat der Künstler nach originalen Fotos der US-Weltraumbehörde NASA angefertigt. Schöner könnte sie sich kein Mensch ausdenken.
„Overview Effect“ wird das Phänomen genannt, das Raumfahrer erleben, wenn sie zum ersten Mal die Erde aus dem Weltall sehen. Der Begriff entstand aus dem Titel des Buches „The Overview Effect“, das 1987 erschien. Autor ist der zu dieser Zeit am „Space Studies Institute“ der Princeton University arbeitende Frank White. „Eine Eigenschaft des Raumschiffs Erde ist: Keiner kann aussteigen“, schreibt der Physiker und Astronaut Ulf Merbold im Vorwort zur deutschen Ausgabe. „Wir müssen die Reise durchs All gemeinsam fortsetzen, ob uns alle Mitreisenden sympathisch sind oder nicht.“
Als „Overview Effect“ beschreibt Frank White eine Erfahrung, die die Perspektive auf den Planeten Erde und die darauf lebende Menschheit verändert. Die Folge ist ein Gefühl der Ehrfurcht. Die Folge ist ein tiefes Verstehen der Verbundenheit allen Lebens auf der Erde. Die Folge ist ein Verantwortungsgefühl für unsere Umwelt. „Ich hoffe, dass Gäste beim Besuch von Gaia die Erde wahrnehmen, als wären sie selbst im Weltraum: als wunderschönen und kostbaren Ort. Ein Ökosystem, das wir dringend bewahren müssen – unsere einzige Heimat“, wird Luke Jerram im Flyer zur Dresdener Präsentation zitiert.
Ob eine Kirche diese Botschaft vermitteln kann? Bei mir entstand der Eindruck, in der Frauenkirche sei die Erde gut und sicher aufgehoben. So wie ich sie gern hätte. Eine Fiktion. Mit dem, was draußen vor sich geht, in Stadt und Land und rundherum um den Planeten, hat das nicht viel zu tun. Das prächtige Kircheninnere, das Jerram’s Kugel umgibt, blendet mich und blendet die perforierte Leere aus, die das Weltall ist. Worin die Erde schwebt. So frei. So fest an die Sonne gebunden, dass wir uns Milliarden Jahre lang keine Sorgen machen müssten. Was für ein Glück. Während wir uns, von Anbeginn bis heute, vor allem frei von Verantwortung auf ihr bewegen.
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