im Vorschein des Endes

Desaster oder Denkfigur

Die Zukunft allen Lebens – auch wenn wir uns mit einer von Wachstum und Konkurrenz geprägten Lebensweise das Gegenteil vormachen – wird nur von Vielfalt und Gemeinsamkeit offen gehalten. Anscheinend vernebelt unsere SelbstSucht den Weitblick und mit fast jedem Tun stellen wir die meisten unserer Einsichten gleich wieder in Frage. Da alles, was wir Natur nennen, überhaupt erst durch Wechselwirkung geschieht, sollte es doch einleuchten, dass jede Entnahme von Ressourcen aus dem großen Zusammenhang eine Störung ist, die wir, bevor wir sie verursachen, so gut wie möglich abschätzen, welche Folgen es für unser Dasein hat. Stattdessen knipsen wir uns bei jeder Gelegenheit immer wieder selbst das Licht aus.

Mit Vorschein des Endes übersetzt der deutsche Kunsttheoretiker Bazon Brock das griechische apokalypsis, eine Zusammensetzung aus apo- (weg-) und kalyptein (enthüllen). Die Perser verwendeten das Wort ‚Apokalypse‘ für einen Endkampf zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Finsternis. In die Zeit Alexanders des Großen hatten Menschen die Idee, alles Leben auf der Erde könnte – etwa durch einen gigantischen Vulkanausbruch oder eine Sintflut – mit einem Mal vernichtet werden. Im Judentum wird die ‚Apokalypse‘ zu einer Endzeiterwartung und in der christlichen Theologie zum Gottesgericht mit dem Ende der Weltgeschichte. Heute deutet manches darauf hin, dass wir dem Menschheitsende demnächst begegnen könnten. Finden wir uns damit ab?

Nicht die Kulturwissenschaftlerin Jenny Stümer. In ihrer Publikation „Vom Ende der Welt. Apokalypse als kulturpolitische Methode“, analysiert sie zunächst: „Ressourcen werden knapper, viele Arten sind bedroht oder dem großen Massenaussterben bereits erlegen, Wälder brennen nieder, die Ozeane sind vergiftet, wir alle haben Plastik im Blut, und die Angst vor einer nuklearen Katastrophe ist größer denn je“, um anschließend eine Umwertung des Begriffs zu versuchen.

Am Ende ihrer gesammelten Indizien und Belege ist ‚Apokalypse‘ für sie nicht mehr „Kapitulation und Angstrhetorik“, sondern eine „kreative Denkfigur, empirische Erfahrung und kulturpolitische Vorstellungskraft, die einen selbstzerstörerischen Weltbegriff infrage stellt und dabei andere Welten vorstellbar macht“. Aus dieser Perspektive ist „das apokalyptische Denken nicht länger Spezialinteresse oder moralisches Narrativ“, sondern „Prisma radikaler ontologischer und epistemologischer Veränderung“.

Mit Jessica Hurley, die an der Universität in Fairfax, Virginia, an den Schnittstelle zwischen Literatur, Kultur, Technologie und Umwelt forscht, lassen sich aus akuten Katastrophen heraus „komplett neue Zeitlinien und Welten“ entdecken, und die Philosophin Oxana Timofeeva überrascht mit Sätzen wie: „Es wird nicht schlimmer, es ist schon schlimmer“, was ich als intellektuelle Entwarnung lesen kann und „ein Ende des Endes der Geschichte“ erhoffen: einen neuen Weltumgang.

Bringt uns das wirklich weiter, oder ist es nur eine weitere Selbsttäuschung, die dazu verlockt, mich leichtfertig mit dem Ernst meiner Lage zu arrangieren? Ist es nur offnungsschimmerSeelenkosmetik oder für die Christen die Verdrängung des prophezeihten Gottesgerichts? Ist der Austausch der Worte ‚Weltumgang‘ gegen ‚Weltuntergang‘ und ‚Verständnis‘ gegen ‚Missverständnis‘ eine weitere fatale Illusion? Eine kreative Denkfigur ohne Folgen ist jedenfalls kein Grund zur Entwarnung.

Kreativität

Im Jahr 2022 erzählt Bazon Brock zur Eröffnung der Ausstellung „New York 9/11“ von Yadegar Asisi im Leipziger „Panometer“ die Geschichte von zwei Säulen an der Meerenge von Gibraltar, die eine auf europäischem, die andere auf afrikanischem Boden. Der griechische Heros Herkules soll sie errichtet haben, um vor dem räumlichen Ende der Welt zu warnen, die die Menschen damals für eine Scheibe hielten. NON PLUS ULTRA! (BIS HIERHIN UND NICHT WEITER!) stand auf einem Banner, das sich auf Abbildungen um beide Säulen schlang. Lange Zeit hielt diese Art Absperrung Neugierige und Abenteurer erfolgreich auf. Oder sie kehrten nie zurück, was die Annahme ihres Absturzes ins Bodenlose nur zu bestätigen schien.

Als Kaiser Karl V. 1522 die Säulen in sein Staatswappen übernahm, endete an der Meerenge von Gibraltar zwar sein Reich – das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, bis heute das flächengrößte Imperium in der Menschheitsgeschichte – doch menschliche Neugier hatte die Welt fürs erste entgrenzt und ein wachsendes Wissen die Erde als kugelähnlich – vermeintlich unendlich – entdeckt. Also verkürzte der Kaiser clever den Schriftzug in PLUS ULTRA! (UND DARÜBER HINAUS!), denn mit dem Wortverzicht trug er nicht nur den Entdeckungen Amerikas, der langen Westküste Afrikas und des Indischen Ozeans Rechnung, sondern schloss das DARÜBER HINAUS auch gleich in die eigenen Ansprüche ein.

Weniger ist manchmal mehr!

Bazon Brock erzählt auch, dass in vorchristlichen Jahrhunderten die Nachfolger Alexanders des Großen ihren Untertanen Sicherheit versprachen, indem sie jedes Jahr auf die Spitze des Mount Hermon in Syrien stiegen und sich dort bedachtsam um ihre Achse drehten. Das, so der Kunsttheoretiker, sei der ‚panoramatische Blick‘. Mit ihm bestätigten jene Herrscher ihr Reich als ein Ganzes, für das sie, zumindest verbal, Verantwortung übernahmen.

Anfang des 19. Jahrhunderts führte der in Schottland lebende irische Maler Robert Barker das panoramatische Sehen in die Kunst ein. Auf einem Spaziergang in Edinburgh soll er auf die Idee gekommen sein, Leinwände im Kreis aufzustellen, sich in ihrer Mitte nach und nach zu drehen und dabei das, was er dahinter sah, auf die Leinwände zu malen. Das ließ er sich patentieren und wurde der erste große Panorama-Maler.

Die Ohren sind das Sinnesorgan, das aus allen Richtungen Informationen empfängt. Als sich einst die Hominiden auf zwei Beine stellten, um die Rundumlaute zum Beispiel auf Freßfeinde oder Beute zu überprüfen oder einfach nur, um Ausschau zu halten, kann daraus Gewohnheit und irgendwann ein ‚panoramatisches Denken‘ geworden sein und sich mit ihm nicht nur Gier und Machtlust, sondern auch Verantwortung entwickelt haben.

Bazon Brock erkennt in Yadegar Asisi’s Rundumbild eine Verknüpfung von ‚panoramatischem Denken‘ mit der Begriffsgeschichte der ‚Apokalypse‘ undgewinnt daraus eine neue Perspektive, mit der ‚Apokalypse‘ im Flutlicht aktueller Krisen nicht nur klarer gesehen, sondern genutzt werden kann, um Krisen zu bewältigen. Nicht zuletzt durch KI rasant wachsende Erkenntnis der Zusammenhänge von Komplexität und Diversität, könnte mit dem kreativen Potential der Menschen unser egozentrisches Weltbild korrigieren und den Vorschein des Endes zu verändern, um es abzuwenden.

Das hat nicht zuletzt mit Asisi’s Biografie zu tun. Sein Vater, ein iranischer Offizier und wichtiger Akteur bei der Verstaatlichung der Ölindustrie des Landes im Jahr 1953, wurde nach einem Militärputsch vom reaktivierten Schah zum Tode verurteilt und hingerichtet. Asisi‘s Mutter, schwanger mit ihm, floh mit vier weiteren Kindern zunächst nach Wien, wo er geboren wurde. Kindheit und Schulzeit erlebte er in Halle und Leipzig, studierte in Dresden und lebt heute in Berlin.

Den reaktionären Putsch im Iran hatte der CIA inszeniert, und mühsame Liberalisierungen in den 1990er Jahren beendete der weltweite Krieg gegen den Terror, den der US-Präsident George W. Bush unmittelbar nach den Anschlägen auf das World Trade Center mit ungefähr 3000 Toten am 11. September 2001 ausrief.

„New York 9/11“ – der Anlauf

Das Leipziger „Panometer“ ist ein 2003 als Kunsthaus für Riesenpanoramen eröffneter ehemaliger Gasometer, der 1910 erbaut und 1977 stillgelegt wurde. Das technische Gebäude für den neuen Zweck zu sanieren, ist bereits eine Idee von Yadegar Asisi. 2003 zeigte er sein erstes Panorama „Everest“ und wählte damals als Standort für den Rundumblick das Tal des Schweigens, das höchstgelegene Tal der Erde. In etwa 6000 Metern ist es für alle Everest-Expeditionen zugleich das letzte Basislager vor dem Aufstieg zum Gipfel.

Im Innern des Leipziger Panometers gibt es entlang der Außenmauer ein breiter Gang rund um das Panorama. Ihn nutzt Asisi als Anlauf für den anschließenden Rundumblick. Bis zu „New York 9/11“ geschah das siebenmal, doch noch nie ist mir der Anlauf so schlüssig und notwendig erschienen. Der chronologische Rückwärtsgang beginnt 2022 und endet räumlich und zeitlich – mit dem Eintritt in den Innenraum – an jenem elften Septembermorgen im Jahr 2001. Bis dahin erschließen sechs Perspektiven die Weltgeschichte in diesen 21 Jahren.

ES WERDE GELD! heißt Asisi‘s erste Perspektive. Im Mittelpunkt stehen zwei über 22 Meter hohe Türme. Wären sie aus purem Gold, hätten sie einen Geldwert von 600 Milliarden US-Dollar, ein Zehntel dessen, was von 2001 bis 2022 „Militäroperationen, Aufrüstung, Terrorismusbekämpfung im Inland und Zinszahlungen für Kriegskredite im Rahmen des ‚Krieges gegen den Terror‘“ kosteten: insgesamt 6 Billionen US-Dollar: 6 000 000 000 000. Anders, im Begleitheft zur Ausstellung geschrieben: „Jeder dritte existierende US-Dollar wurde in diesen 20 Jahren erschaffen“.

Die zweite Perspektive nennt er SPRACHE SCHAFFT FEINDBILDER. „Die Sprache, die nicht wenige westliche Politiker, Medienmacher und Kommentatoren nach den Anschlägen des 11. Septembers nutzen, schürt pauschale Vorurteile, fremdenfeindliches Denken und hetzt Menschen gegeneinander auf. Framing und Feindbilder sind allgegenwärtig, und wir können ihnen nur begegnen, wenn wir uns ihrer bewusst sind.“

„GRENZEN WERDEN MAUERN heißt die dritte Perspektive. Als Folge der Konflikte nach dem 11. September fliehen geschätzte –  auf welche Art geschätzt? – 37 Millionen Menschen vor dem Krieg, vor Gewalttaten von Terrorgruppen, dem Militär oder korrupten Sicherheitsbehörden. Alle 149 Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention, also nahezu alle Gesellschaften der Welt, haben sich verpflichtet, für den Schutz ebendieser Flüchtenden einzutreten. Das sollte insbesondere für die Verursacher von Kriegen gelten.“  So steht es auf Papier. Das geduldig ist.

Die vierte Perspektive heißt DER KRIEG BEGINNT IM WOHNZIMMER. „Wenige Tage nach den Anschlägen vom 11. September erklärt US-Präsident George W. Bush in einer Kongressrede unter Beifall den ‚Krieg gegen den Terror‘. Der Kongress stimmt einem Angriff zu, viele weitere Staatsoberhäupter verkünden unmittelbar ihre Unterstützung.“ Im Oktober 2001 beginnt die Invasion in Afghanistan, 2003, aufgrund gefälschter Beweise für Massenvernichtungswaffen, die Invasion im Irak. Hunderttausende sterben. „Für mich ist das Töten von Menschen glasklare Blasphemie, Gotteslästerung“, sagt die Theologin Margot Käßmann. „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein“, schrieben die Kirchen 1948 in Amsterdam in ein anderes Papier.

NAMENLOS, die fünfte Perspektive, ist die von geschätzten 900 000 unbekannten Todesopfern in den Kriegen nach 9/11. Für sie sind den ganzen AnLauf entlang Striche in Fünfergruppen auf den Boden gezeichnet. „Die Zahl von Verletzten und indirekten Opfern ist unermesslich. Millionen von Menschen haben Angehörige verloren, sind traumatisiert und spüren die Folgen der Gewalt, die sie für Generationen in ihre Familien und die Gesellschaft tragen.“ Das setzt sich täglich fort.

Zum Glück – zu wessen Glück? – gibt es die ZEUGEN DER GEWALT. Die sechste Perspektive ist die von Zeitzeugen: eine afghanische Frauenrechtlerin, die vor Verfolgung aus dem Land floh; eine Afghanin, die ein Massaker an Schülerinnen in ihrem Land erlebte; eine Ägypterin, die bei einer Demonstration auf dem Tahrir-Platz in Kairo gefangen genommen und danach misshandelt wurde; ein Iraker, der ein Selbstmordattentat im Irak überlebte; ein anderer Iraker, dessen Familie mit 24 Verwandten von US-Soldaten ermordet wurde. Diese Zeugen leben beispielhaft weiter für so viele, die in den 21 Jahren „unsägliches Leid in ihren Herkunftsländern erfahren mussten“.

4  „New York 9/11“ – der Anblick

Dann stehe ich im Innenraum des Panometers, in der Frühe des 11. September 2001, auf dem Friedhof von St. Paul’s Chapel, der ältesten Kirche New Yorks, nur 200 Meter vom World Trade Center entfernt. Wieder einmal habe ich die erstaunliche Illusion einer offenen Umgebung in einem geschlossenen Raum. Wieder einmal bin wieder einmal bin ich irritiert.

Asisi wird diesen Ort für sein Panorama ausgesucht haben, weil die Kirche nach dem Einsturz der Türme unversehrt blieb. Kein einziges Fenster zerbrach, nur eine zentimeterdicke Schicht Staub bedeckte Gebäude und Friedhof nach dem Einsturz der Türme. Wochenlang war das Gelände Hilfsstation und Essensausgabe für Feuerwehrmänner, Polizisten, Soldaten, Stahlarbeiter, die gruben, retteten, bargen. Notbetten wurden aufgestellt und Massagebänke für schmerzende Rücken. Jeden Tag gab es Musik: Jazz, Mozart, Bach.

Es ist 8.41 Uhr Ortszeit, fünf Minuten bevor der erste Passagierjet in den Nordturm geflogen wird. 1999 stand ich tatsächlich schon einmal an dieser Stelle. Für eine Woche wohnte ich damals mit Frau und Kind im Hotel „Pennsylvania“ in Midtown Manhattan, das bei seiner Eröffnung 1919 das größte Hotel der Welt gewesen sein soll. Am 19. Oktober 1999 hatte uns frühmorgens Feueralarm aus den Betten gescheucht. Über Lautsprecher auf den Fluren wurden wir aufgefordert, sofort die Hotellobby aufzusuchen. Dort und davor war Feuerwehr im Einsatz. Es brannte tatsächlich in einem Gästezimmer, und es wurde erfolgreich gelöscht.

Nachdem wir wieder in unser Zimmer durften und gefrühstückt hatten, fuhren wir mit der Subway zum World Trade Center und nach einer Sicherheitskontrolle im Südturm per Lift hinauf zur Besucherterrasse. Von der panzerverglasten Aussichtsetage darunter blickte ich, den Kopf an die Scheibe gedrückt, fast senkrecht hinab auf den Platz, der das siebenteilige Gebäudeensemble des WTC zusammenhielt.

Zur St. Paulus Kapelle gingen wir anschließend. Den Friedhof beachtete ich kaum. Jetzt entdecke ich im panoramatischen Rundblick zwischen den alten Grabsteinen und hinter der Einfriedung den sorgfältig, ja liebevoll von Asisi ausgearbeiteten Rundblick, entdecke Lebensfreude und viele einzelne Szenen, heraus aus der Alltäglichkeit, hinein in meine wachsende Neugier geholt und in einen Zusammenhang, aus dem sich – das ist Asisi‘s Logik und seine volle Absicht – den Vorschein des Endes ergibt.

In den Wiederholungen der entscheidenden zehn Minuten kann ich, so oft ich will, diese spezielle Szenerie betrachten, analysieren, Lebenslagen ergründen und mir ein Bild von der Wirklichkeit und ihren Zusammenhängen machen. Die ich, denke ich schließlich, nicht besser erahne oder durchschaue als meine Vorfahren vor 10 000 Jahren: von Liebe betört, vom Tod entsetzt, vom Augenblick fasziniert, vom Willen verwirrt; in Eile erstarrt, aus dem Häuschen oder einfach nur lebendig.

Bis der Himmel in der Höhe des senkrechten Zylinders fahl wird und überall die Farbe aus Fassaden, Dingen und Gesichtern weicht, nur dass hier sonst nichts passiert, bis, vielleicht nach zwei Minuten, die farbenfrohe Morgenstimmung wiederkehrt und meine Beunruhigung auflöst wie einen schlechtem Traum. Da habe ich, ganz in der Nähe der ersten, eine zweite Erinnerung.

Am 11. August 1999 war im Süden Deutschlands gegen Mittag eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten. In Leipzig regnete es, und ich fuhr mit Zuversicht und Maria, die Ferien hatte, am frühen Morgen auf der Autobahn Richtung Süden. Bei Nürnberg stockte der Verkehr, weil diese Idee auch andere hatten. Gegen Mittag fand ich, um die Finsternis nicht im Stau zu erleben, bei München-Neufahrn einen kleinen Parkplatz. Der war schon gut gefüllt mit Sonnenguckern. Hobbyastronomen hatten Teleskope in Stellung gebracht. Viele andere hielten schwarze Brillen bereit, doch eine geschlossene Wolkendecke verhinderte den Blick in die Sonne.

Kurz vor der totalen Phase riss sie wunderbarerweise aber auf und gab den Blick zur Sonne für die entscheiden Minuten frei. Die Naturlaute verstummten, die Gespräche um uns herum. Alle schienen mit allen Sinnen ergriffen von dem seltenen Ereignis. Der letzte Rest Sonnenlicht wich aus der Landschaft, ohne dass es gänzlich dunkel wurde. Hinter dem Parkplatz war der Blick über ein abgeerntetes Feld hinweg frei bis zum Horizont, und von dort jagte  auf einmal die Linie des Kernschattens heran. Auf keine Empfindung gefasst und offen für jede zugleich, erfühlte ich nur, diesem rasend schnell und unaufhaltsam Nahenden nichts entgegensetzen zu können. Es fühlte sich endgültig an, in gewisser Weise beruhigend, entspannend sogar.

Dieses Gefühl des vollkommenen Ausgeliefertseins habe ich bei Asisi im Moment der Lichtveränderung, vor allem vom Blattwerk der hohen Bäume her. Ist das die Zeit für eine neue Möglichkeit oder doch nur wieder eine neue Illusion, das Ende bei seinem Vorschein noch abwenden zu können? So werde ich nach draußen geschickt. Zurück? In die Zukunft? Ins eigene Leben vorerst. In den nächsten Moment.

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